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Stellungnahme | LMI

Rainer und Claudia Bürkle. Hilfe für Kwale District e. V „Wir pflanzen Zukunft“ | La Mirada Internacional Interviews.




Unser Ziel ist es, die Sabrina Primary School langfristig "los zu lassen". Ein Pfeiler der Unabhängigkeit ist das Landwirtschaftsprojekt, das die Schulspeisung mit Lebensmittel versorgt und durch den Verkauf von überschüssigem Gemüse und Hühnern den Kauf von Lebensmitteln finanziert, die nicht selbst produziert werden können.

Ein geplanter Schulshop soll soviel Geld erwirtschaften, dass notwendiges Schulmaterial (Bücher, Hefte, Stifte, Büromaterial etc.) gekauft werden kann.

Die Vermietung der Aula für Hochzeiten und andere Veranstaltungen soll ebenfalls dazu beitragen, dass Geld für Anschaffungen in die Schulkasse kommt.

Das Landwirtschaftsprojekt soll sich schlicht selbst tragen.


  • LMI: Was haben Sie gemacht bevor Sie sich mit diesem Hilfsprojekt engagiert haben?


  • Wir haben im Rahmen unserer persönlichen Möglichkeiten immer mal wieder 50 oder 100 Euro an die "großen" Organisationen gespendet. Natürlich auch nach dem ersten schweren Tsunami.


  • LMI: Wie kam es zu diesem Schritt?


  • Nachdem immer mehr bekannt wurde, dass nur ein Teil der Spende tatsächlich da ankommt, wofür er angefordert wurde. Uns hat die Transparenz gefehlt, was mit unserem Geld tatsächlich passiert.

    Auch wollten wir gezielt helfen, d.h. wir wollten nicht entscheiden, was für die Menschen aus unserer Sicht gut ist, wir wollten von ihnen wissen, was sie tatsächlich brauchen und wollen.

    Diese gezielte Hilfe ist aber nur möglich, wenn man direkt mit den Verantwortlichen vor Ort spricht und bereit ist eine ehrliche Partnerschaft aufzubauen.

    Wir wollten wissen, was tatsächlich mit unserem Geld passiert und das wollen unsere inzwischen 32 Mitglieder, 18 Paten und alle anderen Unterstützer unserer Projekte auch. Aus diesem Grund arbeiten wir sehr transparent.



  • LMI: Worin besteht Ihr Projekt und welche andere wollen Sie noch in Angriff nehmen?

  • Rainer und Claudia Buerkle Hilfe fuer Kwale. La Mirada Internacional
    Seit Gründung unseres Vereins bauen wir die Sabrina Primary School Bwagamoyo in Pengo/Kenia auf. Aktuell verfügt diese öffentliche Schule über 6 Klassenzimmer. Wenn die Kinder der 6. Klasse Anfang 2015 in die 7. Klasse versetzt werden, muss das nächste Klassenzimmer stehen. Ende 2016 bauen wir das 8. und letzte Klassenzimmer und ein Dormitory.

    Die Klassenzimmer verfügen über genügend Schulmöbel und es teilen sich lediglich 2 Schüler ein Schulbuch pro Fach (in anderen Schulen gibt es oft nur eine Handvoll Schulbücher für die ganze Klasse).

    Außerdem erhalten die Schüler an jedem Schultag ein nahrhaftes Frühstück und ein gesundes Mittagessen. Alle 3 bis 4 Monate werden diese (und 5 weitere Schulen) von einem Medical Team besucht. An diesen s.g. Health Action Days werden die Kinder untersucht und bei Bedarf auch gleich behandelt, darüberhinaus findet eine Gesundheits- und Hygieneaufklärung statt.

    2013 haben wir mit einem landwirtschaftlichen Ausbildungsprojekt begonnen, das langfristig nicht nur jungen Menschen eine Perspektive aufzeigen soll, sondern für die ganze Region als Musterfarm dienen soll.



  • LMI: Wie sieht der Alltag in der Sabrina Primary School aus?


  • Viele der Kinder haben vor Schulbeginn um 8 Uhr schon einen 5 km langen Marsch durch den Busch hinter sich. Es werden, wie auch an europäischen Schulen, Fächer wie Englisch, Mathematik, Sozialkunde, Heimat- und Sachkunde und natürlich die eigene Sprache, in Kenia ist das Kiswahili, unterrichtet. Gegen 10 Uhr findet die erste größere Pause statt.

    Die Kinder bekommen ihr Ugi, einen süßen Hirsetrinkbrei, denn viele von ihnen haben nicht gefrühstückt bevor sie in die Schule gehen. Die Eltern haben einfach nicht genug Geld um die Kinder ausreichend zu ernähren. Nach dem Frühstück ist dann noch Zeit für Fußballspielen (wir und auch andere Besucher der Schule bringen immer wieder Bälle mit), eine Art Völkerball, Seilspringen und was Schulkinder auf dem Schulhof überall auf der Welt gerne machen.

    Wenn dann die Glocke geläutet wird, gehen alle wieder in die Klassen und der Unterricht geht, nur noch von einer kleinen Pause unterbrochen, weiter bis zur Mittagspause. Dann gibt es ein ausgewogenes Mittagessen. Die Kleinen gehen nach dem Essen nach Hause. Die Großen haben noch etwas Zeit sich auszutoben und dann geht es noch einmal in die Klassen zum Nachmittagsunterricht.

    Wenn die Schule aus ist, schlendern die Schüler nach Hause. Eilig haben sie es nicht, denn nach dem oft langen Heimweg, wartet dort meist noch Arbeit auf die Kinder.



  • LMI: Erklären Sie das Konzept Hilfe zur Selbsthilfe!


  • Unser Ziel ist es, die Sabrina Primary School langfristig "los zu lassen". Ein Pfeiler der Unabhängigkeit ist das Landwirtschaftsprojekt, das die Schulspeisung mit Lebensmittel versorgt und durch den Verkauf von überschüssigem Gemüse und Hühnern den Kauf von Lebensmitteln finanziert, die nicht selbst produziert werden können.

    Ein geplanter Schulshop soll soviel Geld erwirtschaften, dass notwendiges Schulmaterial (Bücher, Hefte, Stifte, Büromaterial etc.) gekauft werden kann.

    Die Vermietung der Aula für Hochzeiten und andere Veranstaltungen soll ebenfalls dazu beitragen, dass Geld für Anschaffungen in die Schulkasse kommt.

    Das Landwirtschaftsprojekt soll sich schlicht selbst tragen.



  • LMI: Haben Sie Unterstützung von Organisationen bekommen? Welche?


  • Unsere Organisation hat bisher nur ein einziges Mal um die Unterstützung durch eine andere Organisation gebeten. Durch diese Unterstützung wurde der Schulbüchermangel mit einem Schlag beseitigt.


  • LMI: In Bezug auf die Finanzierung des Projektes, wie funktionieren Sie – Spenden per PayPal, Banküberweisung, Verkauf von verschiedenen Werbemitteln, Veranstaltungen etc.


  • Wir haben die Bedarfe für unsere Projekte bei betterplace (und parallel natürlich auf unserer Webseite) veröffentlicht. Dort können Spender per PayPal bzw. Lastschrift spenden. Wir werben mit Flyern, Mund-zu-Mund-Werbung, Infoständen auf dem Tollwood und ähnlichen Veranstaltungen (vorausgesetzt wir müssen keine Standgebühren zahlen), wir veranstalten Charity Dinner bei Privat- und Firmenfeiern und bieten Spendenartikel (die wir in Kenia einkaufen) gegen eine angemessene Spende an.


  • LMI: In Andalusien wird immer mehr deutlich, dass die Tradition bewahrt bleiben muss. In welchem Maβe fördert auch Ihre Hilfsorganisation die Aufrechterhaltung der Kultur in der Gegend von Kwale?


  • Wir fördern die Tradition zwar nicht aktiv, wir mischen uns aber in keinster Weise in die gesellschaftlichen Belange ein. Uns ist trotzdem bewusst, dass wir mit unserer Unterstützung eine Veränderung herbeiführen (Wassertoiletten wo es vorher Latrinen bzw. den Busch gab; besser ausgebildete Kinder als in anderen staatlichen Schulen, da die Lernbedingungen besser sind).


  • LMI: Zeigen die Leute Ihrer Meinung nach genügend Hilfsbereitschaft oder haben wir noch einen langen Weg vor uns?

  • Rainer und Claudia Buerkle Hilfe fuer Kwale. La Mirada Internacional
    Wir können gar nicht genug Unterstützung erhalten. Die Frage ist aber nicht mit wenigen Worten zu beantworten, denn dazu muss man die Hintergründe verstehen.

    Bis die Menschen in den Shimba Hills aus eigener Kraft die Armut besiegen können, braucht es noch einige Jahre, denn das große Manko ist Bildung. Viele der Eltern "unserer" Schüler sind Analphabeten, sie haben keine Ahnung von den Möglichkeiten und den Rechten, die sie und ihre Kinder haben. Es fehlt auch das Verständnis von Hygiene, gesunder Ernährung und gesundem Leben (die meisten kenianischen Frauen leiden unter Atemwegserkrankungen, weil sie von Kindesbeinen an jeden Tag stundenlang im Rauch der Kochfeuer stehen).

    Viele Menschen in unserer westlichen Welt sind ehr bereit, Einzelpatenschaften zu übernehmen. Das sieht unser Konzept aber nicht vor.

    Wir haben das Ziel eine ganze Community auf dem Weg aus der Armut heraus zu unterstützen. d.h. wir brauchen dringend Geld für den Bau der restlichen Klassenzimmer (dafür ist er sehr schwer, Spendengelder zu bekommen), Schulbänke (dieser Bedarf ist bei Spender beliebt) und Schulbücher (auf Spendenaufrufe für Bücher erhalten wir kaum Unterstützung). Außerdem brauchen wir Geld für die Schulspeisung, denn noch ist das landwirtschaftliche Projekt nicht so weit, dass die Lebensmittel aus diesem Projekt finanziert werden könnten. Auch wenn wir nur 2,60 Euro pro Kind im Monat brauchen, um alle Lebensmittel einkaufen zu können, so sind das bei über 400 Kindern mehr als 1000 Euro im Monat.

    Das ist viel Geld und es ist schwer, genügend Menschen zu finden, die uns bei diesem Projekt unterstützen. Dann sind da noch die Lohnzuschüsse für die Hilfslehrer (selbst wenn pro Klasse ein staatlicher Lehrer da wäre, werden diese Hilfslehrkräfte benötigt).

    Die jungen Frauen und Männer sollen eigentlich von einem kleinen Schulgeld, dass die Eltern für ihre Kinder zahlen sollen, bezahlt werden. Da aber viele der Eltern zu arm sind, monatlich 70 Cent bis 1 Euro pro Kind zu zahlen, erhalten die Lehrer einen Lohn von unter 30 Euro im Monat. Das ist für diese Arbeit nicht angemessen und davon kann man nicht mal in Kenia einigermaßen leben, schon gar nicht, wenn davon auch noch die Mutter leben muss, das Schulgeld für die kleine Schwester gezahlt werden muss und man selbst etwas Geld zurück legen möchte, weil man sich weiterqualifizieren will.

    Aus diesem Grund zahlen wir einen Lohnzuschuss in Höhe von 30 Euro pro LehrerIn. Auch für diesen Bedarf finden wir nur ganz wenige Menschen, die die Notwendigkeit zur Unterstützung sehen. Aber ohne diese Lehrkräfte würde sehr viel Unterricht ausfallen und die Kinder würden eine schlechte Schulbildung erhalten.



  • LMI: Erzählen Sie eine Anekdote oder ein besonderes Erlebnis von Ihrer Arbeit!


  • Es gibt endlos viele Ereignisse, die für uns etwas ganz Besonderes sind. Daher ist es schwer, EIN ganz besonderes herauszupicken. Es gibt auch lustige Momente, die aber wahrscheinlich für Außenstehende gar nicht so lustig sind. - Eine ergreifende Geschichte, die mir persönlich am meisten zu Herzen geht:

    2011 haben wir einen speziellen Health Action Day veranstaltet, an dem es vor allem um die Bekämpfung von Jiggers (Sandflöhe, die sich in die Füße bohren, mit Vorliebe unter die Zehnägel). Dieser Parasitenbefall ist sehr schmerzhaft und führt im schlimmsten Fall zu einer schweren Blutvergiftung und damit oft zum Tod, weil die Menschen nicht zum Arzt gehen.

    Im Rahmen dieser Behandlung wurde auch der kleine Omari, damals ca. 4 Jahre alt, behandelt. Wir haben den kleinen Jungen bis dahin nie lachen sehen. Nachdem wir seine Füße gesehen hatten, wunderte uns das nicht mehr. Der kleine Kerl muss wahnsinnige Schmerzen gehabt haben. Der leitende Medical Officer teilte uns mit, dass die Behandlung bei dem Jungen wohl Rettung in letzter Sekunde war, denn es hätte nicht mehr viel gefehlt und es hätten zumindest einige Zehen amputiert werden müssen.

    Aufgrund der Behandlung und auch der Aufklärung der Eltern, dass Sandflöhe dadurch bekämpft werden können, dass die Hütte jeden Tag ausgefegt wird, geht es Omari heute gut. Er hat sich super entwickelt und ist ein fröhliches Kind, das mit seinen Schulkameraden Fußball spielt.

    Jedes Mal, wenn er mich sieht kommt er zu mir, nimmt meine Hand und schaut mich die ganze Zeit lächelnd an. Er findet es auch gar nicht uncool, sich eine Weile zu mir zu setzen und mir zu erzählen wie es ihm geht. Er spricht inzwischen recht gut Englisch, so dass eine Unterhaltung gar kein Problem ist.

    Es ist toll, dass mit dieser Aktion, die damals insgesamt grad mal 250 Euro für die Behandlung von mehr als 50 Kindern gekostet hat, einem kleinen Menschen zu einer fröhlichen Kindheit ohne Schmerzen verholfen werden konnte.



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